Aus Wunden werden Wege | Erinnern mit Hoffnung
Mit gespannter Erwartung und gemeinschaftlichem Geist begaben sich am Samstag, dem 4. Oktober 2025, 50 Mitglieder aus den evangelischen Pfarrgemeinden Weißbriach, Hermagor, Watschig, Treßdorf und der Tochtergemeinde Jenig auf eine Reise ins Defereggental – nicht nur zu einem landschaftlich beeindruckenden Ort, sondern zu einem Ort der Erinnerung und der Versöhnung.
Der Gedanke zu dieser Reise entstand im Anschluss an einen eindrucksvollen Vortrag von Pfr. i.R. Hans Hecht aus Lienz, gehalten im Rahmen eines Gemeinschaftsnachmittages im Missionshaus Hermagor, der sich diesem Thema widmete.

Im Zentrum dieses besonderen Ausflugs stand das Gedenken an die Vertreibung von rund 1.000 evangelischen Gläubigen aus dem Defereggental in den Jahren 1684 bis 1686. Ihr „Vergehen“ bestand allein darin, sich zum evangelisch-lutherischen Glauben zu bekennen.
Was folgte, war eine tragische Geschichte von Verfolgung, Zwangsbekehrung und Verlust. Diese Menschen verloren damals alles – Heimat, Familie und Sicherheit.
Drei Jahrhunderte später ist aus dieser Tragödie ein Zeichen der Versöhnung geworden.
Im Jahr 2002 entstand auf Initiative von Pfarrer i.R. Hans Hecht das Versöhnungsdenkmal beim Brugger Kirchl in St. Veit in Defereggen. Dieses Denkmal erinnert nicht nur an das Leid der Vertriebenen, sondern lädt auch zu Begegnung, Nachdenken und Heilung ein.

Das von Bildhauer Georg Planer gestaltete Relief aus Beton und Kupfer zeigt in eindrucksvoller Schlichtheit den Riss, den die Geschichte hinterlassen hat – und zugleich das Kreuz als Symbol der Hoffnung. Die schlichte Inschrift „Unser Gedenken an sie sei Mahnung und Verpflichtung zu Versöhnung und Frieden“ spricht für sich.
In dem katholischen Kirchlein von Bruggen entfaltete sich eine bewegende Andacht über die Seligpreisungen – getragen durch die Worte von Pfarrer Hans Hecht und musikalisch einfühlsam begleitet von ihm selbst und Hansi Grolitsch.
Neben dem Besuch des Versöhnungsdenkmals führte der Weg auch in das Talschaftsmuseum „Zeitreise Defereggen“, wo uns der Defereggental-Experte Gottlieb Obkircher mit viel Wissen und Leidenschaft durch die Geschichte der Region begleitete.
Bevor es zur Besichtigung des Gemeindesägewerks mit Markus Paßler ging – jenem Ort, an dem die Dachschindeln für das Watschiger Toleranzbethaus gefertigt wurden – stärkten sich alle Teilnehmenden bei einem bodenständigen und herzhaften Mittagessen in einem Gasthaus in St. Jakob. Eine willkommene Pause, die Raum für Begegnung und Austausch bot.

Unser besonderer Dank gilt Pfarrer i.R. DI Mag. Hans Hecht, der diese Reise mit großer Umsicht und historischem Wissen begleitete – und der mit seinem Engagement vor über zwanzig Jahren den Grundstein für das Versöhnungsdenkmal gelegt hat.
Für die entspannte und komfortable Fahrt danken wir Astner Hermann vom Busunternehmen Gitschtalreisen Wastian, der unsere Gruppe mit ruhiger Hand und sicherem Gespür für Kurven und Kehren souverän durchs Defereggental lenkte – und uns schließlich wohlbehalten wieder nach Hause brachte. Ein echter Profi am Lenkrad!
Ebenso gilt unser Dank Stefan Schabus und Armin Herzog, die mit viel Engagement und Leidenschaft zur Geschichte diesen Ausflug initiiert und organisiert haben. Ohne ihre Idee und ihren Einsatz wäre dieser Tag nicht das geworden, was er war:
ein Tag des Nachdenkens, des Lernens – und der dankbaren Gewissheit, dass aus Wunden Wege des Friedens entstehen können.


Hinweis zum Buch „Verlust der Heimat – Die Geschichte der vertriebenen Defregger“ von Gabriele Singer und Walter Mauerhofer.Das Buch Verlust der Heimat widmet sich mit großer Sorgfalt und historischer Tiefe dem Schicksal der Vertriebenen.
Quellen: Reisebericht Helmut Müller, Osttiroler Kulturnetzwerk, Einladung und Programm der Initiatoren
Fotos: Privat